Der singende Bierkrug (Kurzgeschichte)

Der singende Bierkrug

Als ich durch das Haupttor von Einsamkeit trete, kommt mir sofort der gewohnte Geruch der Stadt entgegen. Ich höre Händler laut Werbung machen und sehe die Schatten der Vögel auf dem Boden entlanggleiten. Alles wie immer. Es tut gut, mal wieder hier zu sein. Seitdem ich Himmelsrand vor der Revolution gerettet habe, war ich nicht mehr hier gewesen. Aber es hat sich nichts verändert.
Als ich das Schild "Zum zwinkernden Skeever" sehe, kommt in mir sofort eine Erinnerung hoch. Es war zu der Zeit, als ich noch nichts von den Gefährten wusste. Ein Leben, das ich noch ohne Vilkas geführt habe. Diese Zeiten kann ich mir inzwischen gar nicht mehr vorstellen.
Doch dieser Tag damals war ein sehr aufregender Tag für mich. Zumindest ist er so in meiner Erinnerung geblieben.

Ich kam gerade von Rifton zurück, wo ich von einem Priester das Amulett von Mara bekommen hatte. Natürlich wollte ich es sofort ausprobieren, aber ich traute mich nicht. Also packte ich es weg, in meine Tasche. Wenige Tage später betrat ich Einsamkeit, ein Ort, der auf seinem einsamen Hügel wirklich einsam wirkte. Doch, sobald man durch das Haupttor tritt, war es alles andere als einsam: Die Leute waren gut gelaunt, sangen oder versuchten, mir irgendwelche Waren zu verkaufen. Ich genoss es. Mein eigentliches Zeil war nicht die Taverne, sondern die Badenakademie. Ich wollte unbedingt spielen lernen. Doch als ich das Tavernen-Schild erblickte, wurde ich neugierig. Merkwürdiger Weise ist mir das vorher nie aufgefallen. Also betrat ich den zwinkernden Skeever.
Die Atmosphere dort war sehr angenehm und der Mann an der Theke bat mir die besten Speisen und Getränke an. Natürlich konnte ich zu einem Apfelkuchen und einem Krug Met nicht nein sagen und bestellte mir dies.

Der Mann an der Theke empfiehlte mir, mich dort an den Tisch nebenan zu setzen. Als ich meinen Kopf in die angezeigte Richtung drehte, saß allerdings bereits ein Mann und eine Frau an diesem Tisch. "Ich werde den Tisch daneben nehmen, dankeschön.", antwortete ich auf das Angebot. Ich konnte mich doch nicht einfach an einen Tisch mit fremden Leuten setzen! Selbst, wenn noch zwei Stühle frei waren. Langsam ging ich also an diesem Tisch vorbei, um an dem anderen Platz zu nehmen.
Das Paar unterhielt sich über ein bestimmtes Lied, "Das Lied vom Drachenblut" nannten sie es. Angespannt lauschte ich ihrem Gespräch, schließlich handelte der Song ja von mir. Plötzlich schaute der Mann auf und sah mir direkt ins Gesicht, als ich an ihm vorbei ging, zu dem Tisch in der Ecke. Sofort stand er auf und ging mir nach.


"Was treibt Euch in eine Gegend, wie diese?", fragte er mich. Ich war überrascht über die Frage. Schließlich ist Einsamkeit eine Stadt wie jeder andere. Warum sollte ich nicht hier sein dürfen? "Ich habe gehofft, mehr über diesen Ort hier zu erfahren und vielleicht sogar etwas Training hier zu bekommen. Ich habe gehört, dass hier die Kaiserliche Armee ihr Hauptquartier hat.", antwortete ich also. "Ah, eine Kriegerin, hm?", antwortete er. Hat er meinen Zweihänder nicht gesehen? Ich glaube kaum, dass eine gewöhnliche Frau ohne Kriegerrang mit so einer Waffe durch die Gegend läuft ... Ich biss mir auf die Lippe, um keine provozierende Antwort zu geben, also sagte ich nur: "In der Tat." Diese Antwort schien dem Mann zu gefallen. Er lächelte und sagte: "Mein Name ist Sorex Vinius, das dort vorne ist mein Vater Corpulus und hinten neben unserer Bardin steht meine Schwester Minette." Ich lächelte. "Vielen Dank. Freut mich, Eure Bekanntschaft zu machen.", sagte ich und biss dann in meinem Apfelkuchen. "Die Freude ist ganz auf meiner Seite. Darf ich mich setzen?", fragte er und als Antwort nickte ich ihm zu. Wir unterhielten uns mindestens eine Stunde lang. Hauptsächlich erzählten wir uns Witze, er erzählte mir etwas vom Leben mit einer Taverne und ich berichtete von einigen meiner Kämpfe und vom Drachenangriff in Helgen. "Helgen sagst du? Von einem Drachen angegriffen? Unglaublich! Diese Biester sind echt eine Plage für uns!" Nickend bestätigte ich seine Aussage, ich kam nicht mehr dazu, weiteres zu sagen, da plötzlich schlagende und schreiende Geräusche aus der Küche kamen. "Moment, ich bin gleich zurück.", sagte er gestresst und lief in die Küche. Einige Minuten saß ich nur am Tisch und hörte der Bardin zu, wie sie ihre Musik spielte. Dabei kam mir augenblicklich der Gedanke wieder in den Sinn, dass ich ja eigentlich zur Akademie gehen wollte. Also erhob ich mich von meinem Platz, schob den Stuhl zurück und ging Richtung Ausgang.
In diesem Augenblick kam Sorex zurück. Er sah den leeren Platz, auf dem ich vorher noch gesessen habe und wirkte kurzzeitig niedergeschlagen. Dann begann die Bardin eines ihrer Lieder auf der Laute zu spielen, also nahm Sorex seinen Krug mit Met in die Hand tanzte zum Lied und sang dazu. Ich war so überrascht deswegen, dass ich kurz auflachte. Nie hätte ich mir gedacht, dass Sorex bei diesem Lied so tanzen würde.
Als ich jedoch den Text des Liedes hörte, dass eher positiv gegenüber der Sturmmäntel gestimmt war, verließ ich augenblicklich die Taverne. Das gefiel mir gar nicht. Mich wunderte es sowieso, dass sie die Erlaubnis hatte, diesen Song in einer Taverne zu spielen und Sorex dazu auch noch sang und das auch noch an einem Ort, an dem die Kaiserliche Armee sich niedergelassen hatte.

Es konnte natürlich auch sein, dass ich mich täuschte, aber eigentlich war ich mir zu hundert Prozent sicher, dass das ein feindliches Lied gegenüber der Kaiserlichen Armee gewesen war. Ich ging Richtung Akademie, ließ mich dann allerdings von ein paar Kindern aufhalten, die sich gegenseitig Beleidigungen an den Kopf warfen. Mit viel Geduld und Mühe gelang es mir, den Streit zu schlichten. Irgendetwas wollte an dem Tag wohl nicht, dass ich zur Bardenakademie gehe, also ging ich zurück zur Taverne. Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass ich genau zu diesem Ort hingehen sollte. Unbewusst kramte ich mein Amulett von Mara aus der Tasche, hängte es mir um und betrat erneut die Taverne.
Am Eingang stand bereits Sorex und fegte den Boden. Er wirkte irgendwie anders als vorher. Ich kam näher an ihn heran und er beugte sich zu mir. Eine Met-Fahne wehte mir ins Gesicht und sofort wusste ich, dass er betrunken war. "Oh, ein Amulett von Mara trägst du da? Sag bloß, du bist noch nicht verheiratet?", bellte er mir ins Gesicht.
"Nein, das bin ich auch nicht ... und so schnell will ich das auch gar nicht.", antwortete ich ihm. Vor einer Stunde ungefähr, hätte ich eine Heirat mit ihm noch in Erwägung gezogen, aber allein die Tatsache, dass er mir mit einem Met-vollgedröhnten Kopf so eine wichtige Frage stellte, machte es für mich unmöglich, ihn zu heiraten. "Willst du ..." "Nein, will ich nicht!", unterbrach ich ihn. Wütend nahm er seinen Besen und schleuderte ihn gegen mich. Er. Schleuderte. Einen. Besen. Gegen. Mich. Ich zuckte zusammen, zückte aber meine Waffe nicht. Es war schon schlimm genug, dass er überhaupt so aggressiv war.
Die Menschen um uns herum waren schockiert, die Musik, die vorher im Hintergrund lief, wurde unterbrochen. Alle starrten auf uns und warteten die Reaktionen von uns ab. Sorex hob den Besen erneut an und ich trat einige Schritte zurück, schob mich selbst Richtung Ausgang und hielt mir meine Hände vor mein Gesicht. Ich kämpfe nicht gegen unbewaffnete und nebenbei noch betrunkene Menschen.


Ich verließ sofort die Taverne und beschloss, nie wieder dort hinzugehen.
Doch dieser Beschluss hielt nicht lange. Wenige Tage später ging ich erneut durch den Eingang zum zwinkernden Skeever. Ich konnte mir einfach nicht vorstellen, dass Sorex solche Manieren hatte. Und erstrecht wollte ich nicht mit die Taverne mit diesen Gedanken in Erinnerung behalten. Dort angekommen sah ich Sorex mit seinem Vater an der Theke setzen. Ich überprüfte nochmal meinen Hals, um dann zu meiner Zufriedenheit festzustellen, dass das Amulett abgelegt war. Ich atmete tief durch und gesellte mich zu den beiden. Sie hörten mit ihrem Gespräch auf, als sie mich sahen. Ich setze mich auf den Stuhl neben Sorex und war gespannt auf die Reaktionen. "Hallo Arthura. Ich muss mich entschuldigen wegen dem Vorfall vor ein paar Tagen. Mein Vater erzählte mir, was ich dir angetan habe, nachdem ich wohl zu viel Met getrunken habe. Ich weiß nicht einmal mehr den Grund dafür..." Ich winkte ab. "Ach, halb so schlimm. Das nächste Mal solltest du einfach nicht mehr Met trinken, während du zur Barden-Musik singst... Das bekommt dir wohl nicht."  Sorex lachte und ich für meinen Teil nahm mir fest vor, nie wieder das Amulett von Mara in einer Taverne auszuprobieren.

Ich hoffe, die Geschichte hat euch gefallen! :D
Freue mich über Kommentare und Feedback!
LG
Anna

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